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Gerade im 20. Jahrhundert hat die europäische Politik Probleme und Konflikte produziert, die mehrheitlich zulasten der Bevölkerung gingen. Menschen wurden verschoben, verfolgt und vertrieben. So wurden in den ersten Tagen nach Beginn des Ersten Weltkriegs Tausende von Bewohner:innen aus den galizischen Frontgebieten evakuiert. Einerseits weil die österreichische Armeeführung fürchtete, die dortigen Einwohner:innen könnten die Russen unterstützen, andererseits glaubte man, den Vormarsch der Truppen in entvölkerten Gebieten besser vorantreiben zu können. Dasselbe wiederholte sich nach der Kriegserklärung Italiens im Mai 1915. Beide Male wurden Evakuierte aus den Frontgebieten auch in Vorarlberg untergebracht, hauptsächlich in leeren Fabrikgebäuden in Hohenems, Hard und Frastanz. Die Bevölkerung zeigte sich gegen diese Kriegsopfer sehr reserviert, weil man ihre Not angesichts der eigenen Beschwernisse nicht zur Kenntnis nehmen wollte, weil man Fremden überhaupt mit Vorbehalt begegnete und weil man befürchtete, die Internierten könnten Krankheiten einschleppen. Noch schlechter als diesen Kriegsinternierten erging es den gut 200 russischen Kriegsgefangenen im Lager Bürs, die in einem Wildwasserverbauungsprojekt, das weitere Rutschungen am Eingang des Brandnertals verhindern sollte, eingesetzt waren. Die damalige Aufschüttung an der Schesa heißt im Volksmund heute noch „Russendamm“.
Ganz Österreich und damit auch Vorarlberg war besonders von der Flüchtlingswelle aus Ungarn im Spätherbst 1956 betroffen. Der Aufstand für eine Liberalisierungspolitik wurde dort von den stalinistischen Panzern niedergewalzt, an die 200.000 Personen flohen nach Österreich. Nach Vorarlberg kamen in drei Zugtransporten etwa 1.900 ungarische Flüchtlinge, die über das ganze Land verteilt für einige Monate untergebracht und versorgt wurden. Im ehemaligen Hotel Bazora in Frastanz wurden bis zum Jahresende 1956 etwa 120 Personen einquartiert.1 Bis auf etwa 300, die in Vorarlberg verblieben, fanden alle Ungarnflüchtlinge in den großzügigen Aufnahmeländern USA, Kanada und Australien eine neue Heimat.2
Weitere Kriege trieben Menschen auf die Flucht. In den 1990er-Jahren war es der Balkankrieg, der vor allem Einwohner:innen aus dem umkämpften Bosnien zum Verlassen ihrer Heimat zwang. Die Unterbringung von Flüchtlingen wurde ab dieser Zeit von der Caritas organisiert. In der aufgelassenen Galina Kaserne in Nenzing fanden zwischen 1990 und 1997 etwa 130 bosnische Männer, Frauen und Kinder eine Erstaufnahme. Zwischen 2004 und 2011 waren hier wiederum bis zu 70 Personen aus unterschiedlichen Krisengebieten untergebracht. 2005 wurde ein Teil der ehemaligen Lungenheilstätte Gaisbühel in Bludesch zur Unterbringung von Asylsuchenden angemietet und 2015 das gesamte Haus.
Mit Beginn der Kriege im Nahen Osten (Irak, Afghanistan und Syrien) ab 2014 wurden von der Caritas neben Gaisbühel weitere Quartiere als Flüchtlingsunterkünfte angemietet: So ein Haus in der Satteinser Sonnenstraße für etwa 40 Personen, eine Halle an der Ill und ein Haus in der Felsenau in Frastanz für 100 Personen, ein Haus an der Lutz in Thüringen für etwa 100 Flüchtlinge, das Haus Forchenwald in Nüziders für gut 30 Personen und schließlich ein Haus in Schlins, in dem 20 Personen eine vorläufige Unterkunft fanden.3
Die ungleichen Macht- und Wirtschaftsverhältnisse weit über Europa hinaus, dazu die zunehmende Vernichtung der Lebensgrundlagen von Millionen Menschen durch die Klimakrise werden Österreich und damit auch den Walgau in der Zukunft mit weiteren, noch dramatischeren Flüchtlingsproblemen konfrontieren. In der Vergangenheit und Gegenwart fanden und finden Flüchtlinge im Walgau Unterstützung durch wohlmeinende Menschen, aber ebenso ängstliche bis gehässige Ablehnung durch weniger Wohlmeinende.
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