Die Arbeiterinnen und Arbeiter

Die ersten ausländischen Fabrikanten aus der Schweiz brachten Fachkräfte mit in den Walgau. Im Sozialgefüge der kleinen Dörfer wie Thüringen oder Satteins waren diese Unternehmer und Arbeiter aber meist Fremdkörper, was durch die Tatsache verstärkt wurde, dass sie fast immer Protestanten waren und von den Einheimischen mit Skepsis betrachtet wurden.

Der Großteil der ungelernten Arbeiter und Arbeiterinnen stammten aber aus der ländlichen Unterschicht vor Ort. Diese Arbeiterfamilien hatten aufgrund der in Vorarlberg üblichen Realteilung meist einen kleinen Grundbesitz. Der war zwar als einzige Lebensgrundlage zu gering, bot jedoch Sicherheit für Notzeiten und eine Verankerung in der dörflichen Gemeinschaft.1 Die Arbeitskräfte kamen aber auch aus den Seitentälern in den Walgau und wohnten in ersten Kosthäusern oder in Privathaushalten.

Die größte Gruppe der Arbeiterschaft in der dominierenden Textilindustrie waren Frauen und Kinder. Sie waren bis ins 20. Jahrhundert billige Arbeitskräfte mit denen große Gewinne zu erzielen waren. Kinderarbeit war bis zu den ersten behördlichen Einschränkungen um 1885 Standard und darüber hinaus bis ins 20. Jahrhundert vorhanden.

Wie ein Kinderarbeitsalltag in Bludenz im 19. Jahrhundert aussah, beschrieb der Volksschriftsteller Josef Wichner in seinem Roman Im Schneckenhaus.

Zu einer Änderung der Bevölkerungszahl und -struktur kam es durch die Industrialisierung erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. 1902 war in Vorarlberg der Anteil der in der Industrie tätigen Personen verglichen mit anderen Ländern der Monarchie am höchsten.2

  • 1. Weitensfelder, Industrieprovinz, S. 480
  • 2. Ingrid Böhler: Die Industrialisierung in Vorarlberg von 1850 bis 1900, in: Vorarlberger Wirtschaftschronik. Wien 1993, S. I/75