Die jährlich wiederkehrenden Arbeiten im Weinberg

Einleitung
Woher kam der Wein?
Die natürlichen Voraussetzungen für Weinbau
Seit wann gibt es Weinbau im Walgau bzw. in Vorarlberg?
Rechtliche Grundlagen des Weinbaus
— Entwicklung der Besitzverhältnisse bis in die Neuzeit
— Die Wingertpachtverträge und ihre Konditionen
— Weingartenordnungen, Edikte den Weinbau betreffend
— Weinversteigerungen
— Abgaben aus dem Weinbau
— Einfuhrbeschränkungen für Wein
— Verordnungen und Edikte betreffend die Schankbetriebe und Brennereien
— Obrigkeitliche Rechtsprechung und Strafen
Der Weinbau in Vorarlberg
— Weinbau in Vorarlberg allgemein
— Der Weinbau im Gemeindegebiet Nenzing
— — Bei der Ortschaft Nenzing
— — Der Weinbau in Beschling
— — In der Außerquart und auf Latz
— — Die Entwicklung im 19. Jahrhundert
— Die in Vorarlberg üblichen Traubensorten
— Personal in und um Vorarlberger Weingärten
— — Die Rebmänner oder Baumänner
— — Die Torkelmeister
— — Die Feldhüter/Flurwächter
Die Arbeit im Weinberg
— Die Anlage eines Weingartens
— Die Erziehungsart der Reben
— Die jährlich wiederkehrenden Arbeiten im Weinberg
— Traubenkrankheiten und Schädlinge
Vom Wingert zum Wein
— Die Einbringung der Trauben
— Das Torkeln
— Die Weinbereitung
— Zur Qualität der Weine
— Wissen um Ausbau, Verschnitt, Schönung
— Produktionsmengen
— Arbeitslöhne
— Ausschank, Verkauf und Ausfuhr des Beschlinger Weines
— Weinpreise, Wingertpreise und -größen
Das Ende des Weinbaus in Beschling
— Fortschreitende Umstellung auf Obstbau
— Das Katastrophengewitter von 1894 und das endgültige Ende
Fotografisch dokumentierte Keller (Auswahl)
— Objekt K, alte Hausnummer 2, heute Dorfstraße 15
— Objekt L‚ alte Hausnummer 3, heute Dorfstraße 10
— Objekt M, alte Hausnummer 8, heute Dorfstraße 5
— Objekt N, alte Hausnummer 23, heute Dorfplatz 4 a 2
— Objekt O, alte Hausnummer 31, heute Kirchweg 4
— Objekt P, alte Hausnummer 35, heute Burggasse 10 und 12
— Objekt Q, alte Hausnummer 36, heute Burggasse 14
— Objekt R, alte Hausnummer 37, heute Brüelweg 24
— Objekt S, alte Hausnummer 40, heute Burggasse 44

1 Nach der Lese wurden zum Schutze gegen starken Frost die Reben vielfach auf den Boden gelegt und manchmal mit Reisig oder auch mit Brettern zugedeckt. Das konnte nur geschehen, wenn die Reben von den Stickeln gelöst waren. Dieses Ablösen musste behutsam geschehen, dass keine Augen abgestoßen und keine Reben ausgerissen wurden. Die Frühjahrsarbeiten sollten womöglich in der zweiten Hälfte Februar oder der ersten Hälfte März ausgeführt werden. Die Zeit ließ sich nicht genau bestimmen, sondern hing von der Witterung ab. Sie sollten nur bei gutem Wetter, und ja nicht bei Regen oder Schneegestöber getan werden.

Wo die Reben gelöst, gelegt und zugedeckt wurden, war das Abdecken natürlich die erste Frühlingsarbeit. Gleichzeitig musste Erde und Dünger in die Weinberge getragen werden. Die Rebhalden waren meist mehr oder weniger steil. Naturgemäß schwemmte es deshalb jedes Jahr einen Teil des Erdreiches die Halde hinab. Besonders war das der Fall, wenn über frisch gelockerten Boden Gewitter niedergingen. Diese Erde wurde auf dem Rücken wieder bis zu oberst in den Wingert getragen. Im Zuge dieser Arbeiten oder gleich danach erfolgte der Rebenschnitt, der üblicherweise von Anfang bis Mitte März von den Frauen durchgeführt wurde. Dabei wurden abgeschnittene Schosse und Reiser in sogenannten „Rebschaben“ gebüschelt und später beim „Gruben“ als Humusbildner mit vergraben.

Gleich nach dem Rebenschneiden folgte das „Karsten“. Dies bedeutete eine tiefgreifende Lockerung des Bodens mit einer zwei- oder dreizinkigen Hacke, dem sogenannten Karst. Mit dem Karsten sollte auch die Düngung vorgenommen werden. Im Herbst sollte keine Düngung erfolgen. Auch sollte nur jedes dritte Jahr gedüngt werden. Beim Karsten war darauf zu achten, dass der Rebstock in der Erde nicht abgeschlagen oder ernstlich verletzt wurde.

Wenn neue Rebstöcke benötigt wurden, folgte im Anschluss an das Karsten das Gruben. Dabei wurden die Stöcke bis zu einem halben Meter tief ausgegraben, zum Teil herausgenommen, niedergebogen und wieder so eingelegt, dass nur das vorjährige junge Holz mit drei bis vier Augen herausschaute. Bei dieser Gelegenheit wurden auch die „Grana“, das sind die Wucherungen am oberen Teil der Wurzel, entfernt. Die wieder eingelegten alten Rebstöcke mussten sehr gut in der Erde festgemacht, meist mit Holznägeln oder -gabeln, und die Erde darüber festgestampft werden. Zuvor kamen in die Grube Dünger und Rebschaben hinein ohne direkten Kontakt mit dem Stock. Durch dieses Gruben konnte man aus einem Rebstock drei bis vier frische Stöcke erhalten. Diese Arbeit fiel Ende März oder Anfang April an. Man nahm sie, je nach Bedarf, oft nur jedes dritte oder vierte Jahr vor.

War der Boden zubereitet, so wurde „aufgerichtet“. Ein kräftiger Mann schnallte das „Stoßeisen“ am Fuße fest und stieß zu jeder Rebe einen Stickel so in die Erde, dass er den ganzen Sommer feststand, nach Möglichkeit ca. 25 cm tief. Kinder durften dem Aufrichter Handlangerdienste leisten. Während der Mann die Stickel stieß, band eine Frau auf.

Die Stickel hatten in Vorarlberg durchschnittlich eine Länge von 1 m 75 cm bis 2,2 m, wovon etwa 25 cm  in den Boden kamen, so dass sie immer noch Mannshöhe erreichten. Sie waren aus Fichtenholz und durften nicht gesägt, sondern mussten aus dem Stock gespalten werden. Die Fabrikation war sehr sorgfältig. Zuerst wurde der Fichtenstamm in Blöcke von der Höhe der Stickel gesägt, dann trieb man den Keil in den Kern und spaltete ihn vorerst in zwei Hälften und weiter in vier. Diese Stücke wurden dann mittels des sogenannten „Spaltweggens“, eines keilförmigen Eisens, in kleinere Hölzer von der Dicke der „Stickl“ gekloben und schließlich auf dem „Schnidesel“ (Schnitzbank) mit dem Zugmesser (Rosenmesser) „ausgeputzt“, d.h. fertiggestellt. Dann wurden sie mit dem Beil oder mit dem „Girtner“ (Spitzmesser) „gespitzt“. So zubereitet, schnürte man sie in „Burden“ von etwa 50 Stück zusammen und brachte sie zum Verkauf. Jedes Stück kostete etwa 5 Heller. Wo die Stickel nicht gekauft wurden, wie z. B. in den bäuerlichen Weinbergen des Eisacktals (wohl auch in den Weinbergen Beschlings), geschah das Zuspitzen „in Lüften“ mit dem Beil während der Arbeit des Aufrichtens.

Gleich danach besorgten meistens Mädchen und Frauen das „Binden“. Die Reben wurden dann mit Weidenruten, „Band“ genannt, die man schon im vergangenen Herbst zu „Stößen“ gesammelt hatte, an die Stickel festgebunden. Man band, je nach Größe der Rebe, an zwei bis drei Stellen. Dabei musste man wieder aufpassen, dass man beim Krümmen des Rebbogens keine Augen abrieb. Die Schosse sollten nicht zu eng aneinander gebunden werden, oder durch den Stickel voneinander getrennt werden. Diese Arbeit musste bei allen Reben vor der Blütezeit und bei den weißen vor den roten Reben gemacht werden, womit die Frühjahrsarbeiten abgeschlossen waren.

Ende Mai, während die Reben „Fäsel“, Schößlinge, trieben, folgte das „Falgen“. Hierbei wurde mit der Haue Gras und Grund umgehauen, der Rasen umgelegt. Das Falgen sollte an heißen Tagen geschehen und musste sehr ordentlich gemacht werden. Auf diese Austilgung des Unkrauts in Rebengütern wurde in Vorarlberg viel Sorgfalt verwendet.

Gleich darauf, wenn die Schösslinge etwa 10 bis 20 cm lang waren, folgte das „Reaba-verbreacha“ und „Binda“. Hierbei wurden die überflüssigen Triebe entfernt, was durch Abbrechen und Ausbrechen derselben mit der Hand geschah. Die „Waxige“ d.h. die im nächsten Jahr Triebe geben soll, und zwei „Verzwickte“, wenn sie keine Träubchen hatten, ließ man gewissermaßen als Reserve stehen. Die anderen, so die „Zueluegera“, die Zuschauenden, wurden, wenn sie keine Träubchen hatten, weggebrochen. Diese heikle Verrichtung, die sehr vorsichtig ausgeführt werden musste, hatten teils Männer, teils Frauen unter sich. Sie dauerte von Ende Mai bis Mitte Juni.

Marte erzählt, das Erbrechen oder Ausbrechen habe ein Esel erfunden. Wahrscheinlich war er in der Nähe eines Weingutes unbeobachtet vom Besitzer an die jungen saftigen und schmackhaften Schosse der Reben geraten und hat diese kräftig gekürzt. Als der Besitzer dies bemerkte, dürfte er sehr erschrocken sein, weil er dies als Schaden ansah. Sehr wahrscheinlich hat der Esel dafür noch Schläge bekommen. Als im Herbst die Trauben reiften, zeigte sich, dass an den vom Esel abgefressenen Reben die schönsten und reifsten Trauben hingen, sodass das Erbrechen in Hinkunft allgemein durchgeführt, ja vorgeschrieben wurde.

War die Witterung günstig, so nahm man Ende Mai, sonst Anfang Juni in Vorarlberg das zweite „Falga“ vor. Hierbei wird der Grund von neuem mit der Haue von Unkraut gereinigt, zugleich werden abermals die Triebe, die sich zwischen den Blättern bilden, entfernt, hingegen die „Waxige“ mit Türkenstroh aufgebunden. Um „Pfeiti“ (Veitstag, 15. Juni) sollte die Rebe in „Blüh‘ und Band sein, kurz oder lang“, d.h. angebunden sein, mochte sie nun schlecht oder gut getrieben haben. Diese Arbeit des „Falgens und „Verbrechens“, also des Reinigens von Grund und Rebe, das Entfernen der Schmarotzertriebe und Anbinden der Wachsenden wurde noch ein paarmal wiederholt und zog sich durch Juli und August bis in den September hinein, wo das „Auswuaxla“ mit dem „Köpfen“ endigt. Dieses bestand darin, dass man die obersten „Wuaxla“ zwar stehen ließ, aber „köpfte“ d.h. abbrach, so oft sie ausschlugen. Im September konnte man dann sämtliche „Wuaxla“ wegnehmen oder stehen lassen, da schadeten sie nichts mehr.

Waren die sommerlich-frühherbstlichen Wingertarbeiten abgeschlossen, wurden die Weinberge sogar für die Eigentümer gesperrt, damit jeglicher Schaden an den Trauben verhindert werde. So stand im Feldkircher Wochenblatt vom 27.9.1814 zu lesen: 

Da bei der izt anhaltenden, ziemlich warmen Witterung die WeinTrauben zu ihrer Reife übergehen, durch den ferneren Besuch der WeinBerge dem WeinStoke Schaden zugefügt werden kann, und man sich diesseits vorsieht, daß alle nöthigen Arbeiten hierin geschehen sein werden; so findet man sich zur Sicherung des Eigenthums veranlaßt, zu Jedermanns Wissenschaft und Benehmen hiemit allgemein bekannt zu machen, daß es einem Jeden vom 28ten dieß angefangen die WeinBerge zu besuchen unter unnachsichtlicher Strafe von 5 ReichsThaler verbothen sei. Sollte es in der Folge einem Besitzer eines WeinBerges seinen WeinBerg zubesuchen nöthig werden, so hat sich derselbe bei dem unterzeichneten Amte um die deßfallsige schriftliche Bewilligung zu bewerben. Die TraubenHüter werden auch deßhalb auf ihre obhabenden Pflichten erinnert, und angewiesen, den Angesessenen anzuzeigen, den Fremden aber anher zu führen. Dieses Landgerichtliche Verboth hat jeder Vorsteher in seiner Gemeinde, um jedem Vorwande vorzubeugen, durch öffentliche Bekanntmachung zu erneuern.
Feldkirch den 24. Sept. 1814, Kaiserl. Königl. prov. Landgericht, v. Ottenthal pr. Landrichter.

 

  • 1. zusammengestellt nach Hörmann, Marte, Walser, Zeller.

Einleitung
Woher kam der Wein?
Die natürlichen Voraussetzungen für Weinbau
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Rechtliche Grundlagen des Weinbaus
— Entwicklung der Besitzverhältnisse bis in die Neuzeit
— Die Wingertpachtverträge und ihre Konditionen
— Weingartenordnungen, Edikte den Weinbau betreffend
— Weinversteigerungen
— Abgaben aus dem Weinbau
— Einfuhrbeschränkungen für Wein
— Verordnungen und Edikte betreffend die Schankbetriebe und Brennereien
— Obrigkeitliche Rechtsprechung und Strafen
Der Weinbau in Vorarlberg
— Weinbau in Vorarlberg allgemein
— Der Weinbau im Gemeindegebiet Nenzing
— — Bei der Ortschaft Nenzing
— — Der Weinbau in Beschling
— — In der Außerquart und auf Latz
— — Die Entwicklung im 19. Jahrhundert
— Die in Vorarlberg üblichen Traubensorten
— Personal in und um Vorarlberger Weingärten
— — Die Rebmänner oder Baumänner
— — Die Torkelmeister
— — Die Feldhüter/Flurwächter
Die Arbeit im Weinberg
— Die Anlage eines Weingartens
— Die Erziehungsart der Reben
— Die jährlich wiederkehrenden Arbeiten im Weinberg
— Traubenkrankheiten und Schädlinge
Vom Wingert zum Wein
— Die Einbringung der Trauben
— Das Torkeln
— Die Weinbereitung
— Zur Qualität der Weine
— Wissen um Ausbau, Verschnitt, Schönung
— Produktionsmengen
— Arbeitslöhne
— Ausschank, Verkauf und Ausfuhr des Beschlinger Weines
— Weinpreise, Wingertpreise und -größen
Das Ende des Weinbaus in Beschling
— Fortschreitende Umstellung auf Obstbau
— Das Katastrophengewitter von 1894 und das endgültige Ende
Fotografisch dokumentierte Keller (Auswahl)
— Objekt K, alte Hausnummer 2, heute Dorfstraße 15
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— Objekt M, alte Hausnummer 8, heute Dorfstraße 5
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