Der Petersstein oder das Teufelswirtshaus bei der Wolfgangskapelle ober Bürs

Einleitung
Ludesch
— Der Riese von Barx
— Die Glocke von St. Martin
— Sagen von der St. Martinskirche
— Das Pestkreuz
— Der Tanz mit dem Wassermann
Göfis
— Die Heidenburg in Gävis
— Das Tschöple
— Das Nachtvolk bestraft die Neugier
— Die Pestkapellen in Satteins und Göfis
Nenzing
— Die Pfaffenkellerin
— Die weiße Rübe
— Der Spusagang
—  Der Geist am Stüber-Fall im Gamperdonatal
—  Der Stübageist
— Am Lutzibild
— Das Oterakilkle
— Das schwelcherne Rütle
— Der Butz auf Gamp
— Der Hexenstein
— Der Hirt von Gamperton
— Der Mann mit dem Licht
— Der gesottene Senner auf Panül
— Der stärkste Segen
— Die Beschwörung auf Gamp
— Die Kronentaler
— Die Montafonerinnen
— Die Pfaffakellerin in Gurtis
— Hansmichel
— Kuhbrück
— Notnagel
— Ohne Messe auf die Jagd
— Rutschifengga
— Uf Vals hot's Bütz
— Unglück in allen Himmelsrichtungen
— Wallfahrt und Tod
Frastanz
— Die Schlacht bei Frastanz
— Das Nachtvolk I
— Das Nachtvolk II
— Das dritte Mal
— Den Holzschuh nachwerfen
— Der Schatz auf dem Kläslefeld
— Der funkelnde Schatz auf Frastafeders
— Die Drei Schwestern
— Die Herren im Herrawald
Bürs
— Das Burgfräulein auf Rosenegg
— Der Petersstein oder das Teufelswirtshaus bei der Wolfgangskapelle ober Bürs
— Der welsche Nachbar
— Die Johanneskapelle bei Bürs
— Die Katzen töten
— Die Schätze auf Rosenegg
Schlins
— Goldraub
— Der Schimmelreiter
— Die Pestkapelle in Schlins
Texte
— Franz Josef Vonbun: Aberglauben und Sagen in Vorarlberg - Bütz
— Richard Beitl: Im Sagenwald - Jenseitssorge und Totenfurcht - Nachtvolk

Der alte Nüßle von Brand machte sich eines Tags auf den Weg zum Bludenzer Jahrmarkt. In Bürserberg kehrte er beim Gamswirt ein, einem weitschichtigen Vetter, um mit ihm einen Kuhhandel abzutun. Nachdem der vollzogene Handel noch mit dem üblichen Kauftrunk begossen war, machte sich der Nüßle in stockdunkler Nacht auf den weg talauswärts; wußte er doch, daß er in Bludenz beim Gerber Schneckennazi jederzeit um Nachtquartier anklopfen könne.

Da bemerkte er auf dem einsamen Waldweg aus einmal von fernher einen grellen Lichtschein und gleich tönte es vom Wald heraus wie rauschende Tanzmusik. And wie er näher kam, stand da wirklich mitten im Wald ein stattliches Wirtshaus, von dem er früher nie etwas gehört oder gesehen. Da trat schon der Wirt freundlich grinsend aus der Haustür und lud den Nüßle ein, er möge nur hereinkommen und mithalten da drinnen, heute koste es nichts, weil eben der Hörnlebua Hochzeit mache. Und der Nüßle ließ sich nicht lange drängen und trat ein. Da war alles eitel Glanz und lauter Ueberfluß. Das Männlein tat sich gütlich, aß und trank nach Herzenslust von den ausgesuchtesten Speisen und Getränken, die ihm flinke Köche und Kellner vorsetzten. Alsdann, nachdem er satt geworden, sah der Nüßle in gemütlichster Stimmung den sich drehenden Tanzpaaren zu und den Gästen, die da am Würfelspiel sich ergötzten und mit Goldhaufen um sich schmissen, als wäre es Buchenlaub. Im währenden Schauen kam wieder der Wirt daher mit einem Stück Papier und einem Messerchen und hinter dem Ohr hatte er eine große Rabenfeder stecken, verschmitzt ihn anblinzelnd, klopfte er dem Nüßle auf die Schulter und näselte: „Schau, Nüßle, so gut kannst du's leicht haben und deine Alte mit dir, wenn du nur willst. Du brauchst nur mit dem Messerlein da ein wenig die linke Hand aufzuritzen, die Feder da einzutauchen und auf den Fetzen da deinen Namen Zu schreiben. Das ist alles und tut gar nicht weh." - Jetzt ging dem Nüßle doch ein Licht auf und er konnte nicht mehr zweifeln: vor ihm stand der leibhaftige Hörnlemann und der wollte seine Seele. Aber der Nüßle schwankte doch: das verlockende Angebot und auf der anderen Seite die ewige Hungerleidelei zuhause. Unwiderstehlich zog's ihn hin und, seiner selbst kaum bewußt, griff er nach der Feder, um mit einem raschen Zug in den Besitz all der Herrlichkeit zu gelangen.

Von Jugend auf aber war der Nüßle gewohnt und hatte es von seiner Mutter selig gelernt, alles, was er unternahm, in Gottes Namen anzufangen. Und so sprach er auch jetzt, nachdem ihm der höfliche Teufelswirt selbst den linken Arm etwas geritzt hatte und er nunmehr die Feder ansetzte: „Nun, so schreib ich halt in Gottes Namen!"

Im selben Augenblick durchgellte ein ohrenbetäubendes Geheul die Lüfte. Das Haus krachte in allen Fugen, die Lichter stürzten herab, die schönen Weiber auf bei Tanzdiele verwandelten sich in alte Vetteln, die dem Nüßle die hageren Finger ins Gesicht krallen wollten; die Mannsbilder wurden lauter langschwänzige Teufel, und allerhand Viehzeug, wie Affen, Schweine, Hunde, rannten unserm Männlein zwischen die Füße. Entsetzt und sich bekreuzend suchte es das Freie zu gewinnen, unaufhaltsam rannte es in den Wald hinaus und, wie es nach ein paar hundert Schritt Umschau hielt, war von all dem Spuk kein Stäublein mehr zu sehen und kein Mückslein mehr zu hören. Ganz erschöpft ließ sich der also glücklich Entronnene auf der Rasenbank vor der Kapelle des hl. Wolfgang nieder und verschnaufte und betete wie noch nie in seinem Leben. -Morgens 3 Uhr erst hat der Nüßle beim Gerber in Bludenz den Klopfer gerührt und ist stuchenweiß in die Stube gewankt und auf alles Fragen hat er nur gesagt, es hab's verführt. Danach hat er sich niedergelegt und drei Tage und drei Nächte lang in einem fort gebrochen, bis das ganze Teufelszeug heraus war; dann aber kam der Hunger und hat der Nüßle gegessen für drei Drescher.

Die Geschichte aber vom Teufelswirtshaus im Bergerwald hat er erst auf dem Todbett erzählt. Auf das hin haben dann die Leute herumgesucht und hart an der Straße, unweit der Wolfgangskapelle, haben sie einen großen Felsblock gefunden und auf diesem stifteten sie eine Gedenktafel mit dem Bild des hl. Petrus mit dem Hahn; denn wie Petrus, so hätte auch das alte Nüßle den Herrn bald verraten und, wie Petrus durch den Hahnenschrei, so war der Nüßle durch die Lehre seiner frommen Mutter gerettet worden.1

 


Die Geschichtenerzählerin, Wanderführerin und Buchautorin Hertha Glück produziert im Auftrag von Kulturgut Walgau zu jeder Gemeinde im Walgau ein Video mit einer typischen und markanten Sage.

 

  • 1. Quelle: Anna Hensler, in: Rund um Vorarlberger Gotteshäuser, Heimatbilder aus Geschichte, Legende, Kunst und Brauchtum, Bregenz 1936, S. 51f.

Einleitung
Ludesch
— Der Riese von Barx
— Die Glocke von St. Martin
— Sagen von der St. Martinskirche
— Das Pestkreuz
— Der Tanz mit dem Wassermann
Göfis
— Die Heidenburg in Gävis
— Das Tschöple
— Das Nachtvolk bestraft die Neugier
— Die Pestkapellen in Satteins und Göfis
Nenzing
— Die Pfaffenkellerin
— Die weiße Rübe
— Der Spusagang
—  Der Geist am Stüber-Fall im Gamperdonatal
—  Der Stübageist
— Am Lutzibild
— Das Oterakilkle
— Das schwelcherne Rütle
— Der Butz auf Gamp
— Der Hexenstein
— Der Hirt von Gamperton
— Der Mann mit dem Licht
— Der gesottene Senner auf Panül
— Der stärkste Segen
— Die Beschwörung auf Gamp
— Die Kronentaler
— Die Montafonerinnen
— Die Pfaffakellerin in Gurtis
— Hansmichel
— Kuhbrück
— Notnagel
— Ohne Messe auf die Jagd
— Rutschifengga
— Uf Vals hot's Bütz
— Unglück in allen Himmelsrichtungen
— Wallfahrt und Tod
Frastanz
— Die Schlacht bei Frastanz
— Das Nachtvolk I
— Das Nachtvolk II
— Das dritte Mal
— Den Holzschuh nachwerfen
— Der Schatz auf dem Kläslefeld
— Der funkelnde Schatz auf Frastafeders
— Die Drei Schwestern
— Die Herren im Herrawald
Bürs
— Das Burgfräulein auf Rosenegg
— Der Petersstein oder das Teufelswirtshaus bei der Wolfgangskapelle ober Bürs
— Der welsche Nachbar
— Die Johanneskapelle bei Bürs
— Die Katzen töten
— Die Schätze auf Rosenegg
Schlins
— Goldraub
— Der Schimmelreiter
— Die Pestkapelle in Schlins
Texte
— Franz Josef Vonbun: Aberglauben und Sagen in Vorarlberg - Bütz
— Richard Beitl: Im Sagenwald - Jenseitssorge und Totenfurcht - Nachtvolk