Der demografische Umbruch im Zuge der Industrialisierung

Nie zuvor in der Geschichte unseres Landes und natürlich auch des Walgaus hat eine umfassendere Bevölkerungsbewegung stattgefunden als in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Von den etwa 13.000 Einwohner des Walgaus haben zwischen 1850 und 1914 über 2.000 ihre Heimat verlassen. Davon jeweils etwa 800 in Richtung Amerika beziehungsweise in die Schweiz.1 Zu den Schweizauswanderer:innen kommen noch zahlreiche Personen, die nur zeitweise dort arbeiteten und lebten, aber oft nach Jahren wieder zurückkehrten.

Die Auswanderung nach Amerika dagegen war in den überwiegenden Fällen eine endgültige. Wie in den übrigen Industrieorten Vorarlbergs setzte die massive Auswanderung in die Neue Welt ab 1852 ein. Es waren in der Mehrzahl junge Männer, die als erste und größte Gruppe die gefahrvolle Reise in die ungewisse Ferne wagten. Viele waren Bauarbeiter aus kleinbäuerlichen Familien, die in Amerika auf eine selbstbestimmte, handwerkliche oder bäuerliche – das heißt auf eine vorindustrielle – Existenz hofften. Die meisten siedelten sich deshalb im Mittleren Westen an, weil hier aufgrund des enormen Zuzugs intensiv gebaut wurde und in der Umgebung der neuen Städte Regierungsland an Neuankömmlinge zu günstigen Bedingungen abgegeben wurde. Die heimische Industrie setzte mehr auf junge Frauen, die die Arbeit an den Maschinen billiger, genauer und widerspruchsloser erledigten.

  • 1. Siehe Dieter Petras, Die Auswanderung im Walgau von 1700 bis 1914, Dokumentation und Analyse. Diss. Innsbruck 2015, S. 375.